Berlin. Es sind Unfälle und Ausnahmesituationen, die sich niemand vorstellen mag: eine Massenpanik im Fußballstadion, ein Wohnungsbrand im Mehrfamilienhaus oder ein Busunglück einer Schulklasse. Damit Einsatzkräfte der Hilfsorganisationen, Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei für Ausnahmesituationen mit vielen Verletzten gewappnet sind, müssen sie in regelmäßigen Abständen in groß angelegten Übungen wechselnde Szenarien durchspielen. Weil die Übungen mit Verletztendarstellern teuer und zeitaufwendig sind, werden Unfallszenarien zudem in Planspielen simuliert. Um diese Unfallszenarien zu proben, haben fünf Bachelorstudierende des Potsdamer Hasso-Plattner-Instituts (HPI) in Kooperation mit den Berliner Maltesern und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) eine App zum Üben von medizinischen Großschadenslagen entwickelt.
Im ihrem Bachelorprojekt „Große Katastrophe auf kleinem QR-Code. Eine Simulationsübung für medizinische Großeinsätze.“ haben die Studierenden ein bislang analoges Simulationsspiel digitalisiert. So ist es bei Notfallübungen Aufgabe der Rettungskräfte, zu unterscheiden, wer lebensgefährlich, schwer oder leicht verletzt worden ist. Im Laufe einer Übung kann sich der Zustand eines Patienten aber dynamisch verändern. Bislang bestanden Simulationsübungen der sogenannten „Dynamischen Patientensimulation“ aus hunderten laminierten Karten, die Patientinnen und Patienten mit verschiedenen Verletzungen darstellten. Hinzu kamen Aufkleber, auf denen Einsatzmittel wie Blutdruckmessgerät, Druckverband oder Infusionen abgebildet sind. Dem studentischen Team vom Hasso-Plattner-Institut ist es nun gelungen, diese Patientenkarten zu digitalisieren.
QR-Code zeigt Gesundheitszustand der Patienten an
Mit einer eigens dafür entwickelten App können Rettungskräfte virtuelle Patientinnen und Patienten behandeln, deren Gesundheitszustand sich abhängig von ihrer medizinischen Behandlung dynamisch weiterentwickelt. Die Verletzten werden durch QR-Codes dargestellt, die zur Behandlung in der App gescannt werden müssen. Auch Einsatzmaterial kann mit QR-Codes versehen werden, die man in der App scannt, um das Material in der Simulation zu verwenden. So können die echten Abläufe und Behandlungsstrategien bei Großeinsätzen realistisch trainiert und anschließend ausgewertet werden. „Bisher war das Üben von für einen sogenannten Massenanfall von Verletzten mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden“, erklärt Chiara Schirmer, Sprecherin der Bachelorprojektgruppe. „Dies stellte vor allem ehrenamtliche Hilfsorganisationen wie die Malteser vor eine große Herausforderung“. Mit der vom Bachelorprojekt entwickelten Lösung gehören diese Probleme der Vergangenheit an.
Malteser haben Expertise eingebracht
Mit ihren langjährigen Erfahrungen aus Katastrophenschutzübungen standen die Malteser Berlin dem HPI-Studententeam beratend zur Seite. Projektleiter Christian Zöllner, hauptberuflich Doktorand am Hasso-Plattner-Institut, konnte bei der Entwicklung der App mit den Studierenden seine praktischen Erfahrungen teilen. „Als langjähriger Helfer im Katastrophenschutz weiß ich, wie wichtig und aufwändig es für die Hilfsorganisationen ist, regelmäßig zu trainieren. Solche Übungen sind unverzichtbar, um interne Abläufe zu schulen, damit im Ernstfall keine Fehler passieren. Es hat mir daher besonders viel Freude bereitet, dieses Studierendenprojekt zu betreuen“, sagt Zöllner, der sich neben seiner Arbeit ehrenamtlich bei den Maltesern engagiert.
Das Bachelorprojekt am Hasso-Plattner-Institut ist ein einjähriges Abschlussprojekt für das Bachelorstudium IT-Systems-Engineering. Das Ergebnis soll beim Bachelorpodium des HPI am 8. Juli vorgestellt werden. Nach einer intensiven Erprobung durch das BBK soll geprüft werden, wie die App für Hilfsorganisationen und Feuerwehren verfügbar gemacht werden kann.
Weitere Infos über das von Professor Holger Giese am Fachgebiet „Systemanalyse und Modellierung“ betreute Bachelorprojekt „Große Katastrophe auf kleinem QR-Code“ finden Sie hier: www.manv-simulation.de